Rechtsanwalt     yilmaz Öndemir

Gegenstandswerte in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten

 

Der Rechtsanwalt rechnet seine Tätigkeit nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ab. Die Gebühren richten sich in der Regel nach einem Gegenstandswert. Bevor der Rechtsanwalt seine Gebühren berechnen kann, muss er zunächst einmal den Gegenstandswert bestimmen.

 

Für die Wertberechnung bei außergerichtlicher Tätigkeit des Rechtsanwaltes sind gemäß § 23 Abs. 1 RVG die Wertvorschriften heranzuziehen, die zur Anwendung kämen, wenn die Sache gerichtlich anhängig wäre.

In gerichtlichen Verfahren ist für die Bestimmung des Gegenstandswertes der Klageantrag entscheidend. Bei außergerichtlichen Angelegenheiten fehlt es natürlich an einem Klageantrag. Daher muss sich in außergerichtlicher Tätigkeit auf den dem Rechtsanwalt erteilten Auftrag gestützt werden. Hier hilft man sich damit, dass man sich auf die Ansprüche beruft, die voraussichtlich begründet und durchsetzbar - oder anders ausgedrückt; realistisch - sind.

 

Nach § 23 Abs. 1 RVG ist der vom Arbeitsgericht festgesetzte Streitwert oder, bei außergerichtlicher Tätigkeit des Rechtsanwaltes, der im möglichen Rechtsstreit zu erwartenden Streitwert als Gegenstandswert für die anwaltlichen Gebühren zu übernehmen.

Für die Wertberechnung in arbeitsgerichtlichen Sachen sind einschlägig: §§ 42 - 48 GKG.

Speziell für arbeitsrechtliche Angelegenheiten gelten folgende Gegenstandswerte - solche Streitwerte sind z. B.:

 

Kündigung/Beendigung eines Arbeitsverhältnisses

Kündigung (eine): Die Vergütung für ein Vierteljahr, es sei denn unter Auslegung des Klageantrages und der Klagebegründung ist nur ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von unter drei Monaten im Streit (dann entsprechend geringerer Wert). Eine mögliche Abfindung wird diesem Betrag nicht hinzugerechnet. Maßgeblich ist das Bruttomonatsgehalt. In dem Vierteljahresgehalt sind eventuelle Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen, Prämien, Provisionen etc. zu berücksichtigen. Die Art der Kündigung ist in diesem Fall unerheblich.

 

Kündigungen (mehrere): Für eine außerordentliche Kündigung, die hilfsweise als ordentliche erklärt wird (einschließlich Umdeutung nach § 140 BGB) ist höchstens die Vergütung für ein Vierteljahr, unabhängig davon, ob sie in einem oder in mehreren Schreiben erklärt wird, maßgebend.

Mehrere Kündigungen ohne Veränderung des Beendigungszeitpunktes: keine Erhöhung.

Folgekündigungen mit Veränderung des Beendigungszeitpunktes: Für jede Folgekündigung die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch die Vergütung für ein Vierteljahr für jede Folgekündigung. Die erste Kündigung ist stets die mit dem frühesten Beendigungszeitpunkt, auch wenn sie später ausgesprochen und später angegriffen wird.

Sofern ein Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt wird, ist ebenfalls ein Bruttomonatsgehalt in Ansatz zu bringen.

 

Bei Aufhebungsverträgen, die unweigerlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedeuten, ist ein Vierteljahresgehalt zu Grunde zu legen.


Änderungskündigungen

Bei Änderungskündigungen mit Vergütungsänderung oder sonstigen messbaren wirtschaftlichen Nachteilen: dreifache Jahresdifferenz, mindestens ein Bruttomonatsgehalt, höchstens die Vergütung für ein Vierteljahr.


Herausgabe

Die Bemessung von Klagen auf Herausgabe richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG, § 6 ZPO. Sofern die Herausgabe eines Dienstwagens eingeklagt wird, so kann der Anspruch des Arbeitgebers mit dem Wert des Fahrzeuges beziffert werden. Zutreffender ist jedoch der Wert der den Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers beziffert, welcher nach den steuerlichen Vorschriften auf der Gehaltsabrechnung vermerkt ist. Je nach Nutzungsdauer, die der Arbeitnehmer beansprucht oder die ihm zu unterstellen ist, ist dieser Monatsbetrag zu multiplizieren, bis zum dreijährigen Wert.


Forderungen

Bei Forderungsansprüchen, z. B. bei nicht erhaltenen Lohnzahlungen, ist der Wert der Forderung zu berücksichtigen.


Zeugnis

Die Erteilung oder Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses oder Zwischenzeugnisses: ein Bruttomonatsgehalt, und zwar unabhängig von Art und Inhalt eines Berichtigungsverlangens, auch bei kurzem Arbeitsverhältnis.

Die Erteilung oder Berichtigung eines einfachen Zeugnisses: 10 % des Bruttomonatsgehaltes.

Wird ein Zwischen- und ein Endzeugnis im Verfahren verlangt: Insgesamt ein Bruttomonatsgehalt.


Arbeitspapiere

Handelt es sich hierbei nur um reine Bescheinigungen z. B. hinsichtlich sozialversicherungsrechtlicher Vorgänge, Urlaub oder Lohnsteuer: pro Arbeitspapier 10 % des Bruttomonatsgehaltes. In der Regel können auch je 250,00 € bis 500,00 € in Ansatz gebracht werden.


Abmahnungen

Der Streit über eine Abmahnung wird, unabhängig von der Anzahl und der Art der darin enthaltenen Vorwürfe und unabhängig von dem Ziel der Klage (Entfernung, vollständige Entfernung, ersatzlose Entfernung, Zurücknahme/Widerruf, Feststellung der Unwirksamkeit), mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet.

Mehrere in einem Verfahren angegriffene Abmahnungen werden mit maximal dem Vierteljahresgehalt bewertet.


Nicht bezifferbare Angelegenheiten

Angelegenheiten, die mangels gesetzlicher Vorschriften nicht bezifferbar sind, z. B. nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten wie Persönlichkeitsverletzungen, Beleidigungen, etc., sind nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 23 Abs. 3 RVG). Hier orientiert man sich grundsätzlich am sogenannten Auffangwert/Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 €, je nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 €.


Eingruppierung

Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Eventuell entstandene Rückstände werden nicht berücksichtigt.


Mobbing

Unter Berücksichtigung, dass Mobbing meist mit dem Ziel betrieben wird, das Opfer zu einem Abteilungswechsel, einer Versetzung oder gar einer Eigenkündigung zu veranlassen, wird bei Mobbingfällen meist ein Vierteljahresgehalt als Gegenstandswert angesetzt.


Direktionsrecht – Versetzung

Von in der Regel einem Bruttomonatsgehalt bis zu einem Vierteljahresgehalt, abhängig vom Grad der Belastungen aus der Änderung der Arbeitsbedingungen für die klagende Partei.